
Wenn ich mit Menschen über Verstorbene spreche, verwende ich oft spontan das Bild, derjenige sei einfach nach Australien gezogen. Und zwar ein Australien, das man weder physisch noch mit gewöhnlichen Kommunikationsmitteln erreichen kann.
So fühlt es sich für mich auch an: Wie ein Aufbruch in eine neue und spannende Welt jenseits unseres gewöhnlichen Horizonts, voller Vorfreude und Neugier.
Dieser Abschied ist zwar unwiderruflich, doch hat er etwas von einem freundlichen Ziehenlassen und ermöglicht es, sich mit demjenigen, der geht, zu freuen, wenn man auch nicht mitkommen kann. Noch nicht.
Gestern nun, als ich nach langer Zeit wieder das Grab meiner Familie besuchte, vertiefte ich mich in jenen tiefen Austausch mit ihnen, der mir an diesem Ort besonders leicht zu fallen scheint.
Weil sie für mich in ganz anderen Dingen fortleben als den Namensplaketten auf dem gemeinsam mit meiner Schwester ausgesuchten Grabstein, gehe ich selten zum Grab. Doch wenn ich gehe, bietet der Ort den Raum für diese Begegnungen.
Gestern also brachte ich meine Eltern und meine Schwester darüber auf den neuesten Stand, wie es mir mit den letzten Veränderungen in meinem Leben geht – in weniger als zwei Wochen übergebe ich das Haus meiner Eltern in wunderbare Hände und beginne mein Leben, frei von all den Dingen, die ich in den letzten 2 Jahren sortiert, gesichtet, gewürdigt und verabschiedet habe – und erbat mir ihre energetische Unterstützung für meine nächsten Vorhaben und Schritte. Und ganz wie bei einem normalen Gespräch erkundigte ich mich natürlich auch, wie es ihnen denn gehe.
Die Energien, die ich wahrnahm, haben mich sehr berührt, weswegen ich dies gerne teilen möchte, um jenen, die eine ähnliche Erfahrung haben, vielleicht Mut machen zu können.
Ich empfand meinen Papa als melancholisch und doch sehr weit und offen, meine Schwester als hin- und hergerissen zwischen Trauer und Freude, und meine Mutter als ganz aufgeregt, in freudiger Erwartung.
Dies erinnerte mich an ein Erlebnis, das ich hatte, als ich einmal in ihren letzten Wochen bei meiner Schwester am Bett saß und über ihren Schlaf wachte. Ich gab ihr Körperbehandlungen und nahm irgendwann ganz deutlich unsere Eltern wahr, ganz besonders unsere Mutter, die wie die wenig geübte Hausfrau, die sie war, umhereilte, um einen festlichen Tisch im Garten zu richten. Es sollte ihren famosen Rhabarberkuchen – backen konnte sie ausgezeichnet! – geben, doch war sie sich nicht sicher, ob ihrer Tochter auch alles gefallen würde.
Als meine Schwester aufwachte, war sie zeitlich desorientiert, und fragte dann, ob Mama da sei, um sich dann selbst zu korrigieren: „Nein, die ist ja gestorben“. Daraufhin erzählte ich ihr von meiner Wahrnehmung. Ich weiß nicht, was meine Schwester damals daraus gemacht hat, doch für mich war es eindeutig ein Hin- und Herwandern zwischen den Welten und ein Zeichen, wie sehr sich auf jeden Fall unsere Eltern auf ihre Ankunft freuten, wie auf ein Fest.
Wenn ich nun in meine gestrige Wahrnehmung hineinspüre, ist das eine ganz ähnliche Energie wie damals. Nur, dass es diesmal eine noch viel größere Gruppe an Wesen ist, die die Feier zu Ehren ihrer Ankunft vorbereitet, die sich heute zum zweiten Mal jährt. Fast wie einen zweiten Geburtstag dort, wo auch immer die körperlosen Wesen zusammenkommen können, wenn sie es wünschen.
Auf dem Weg zum Friedhofsausgang kamen mir auch wieder viele Details der letzten Wochen, die ihrer „Abreise“ vorausgegangen waren, all die kostbaren Momente miteinander, die wir noch hatten.
Ich setzte mich auf eine Bank und schaute mir unter Tränen ihre letzten Whatsapp-Nachrichten an mich an. Mit der Zeit jedoch wandelten sich die Trauer- in Freudentränen.
Denn ich spüre nun ganz deutlich den Beginn von etwas Neuem in meinem Leben. Einem Leben jenseits meiner kühnsten Vorstellungen, getragen vom Geist meiner Eltern und Schwester, wann und wenn ich dies wünsche.
Was für ein Segen!
P.S. Heute werde ich auf jeden Fall mit meiner Schwester Otis Redding hören! 🙂
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